Der Tod eines Menschen ist nie leicht zu verarbeiten, und wenn es sich um ein Kind handelt, können Scham, Angst und Unbehagen dazu führen, dass wir den Faden verlieren und unbedachte Phrasen verwenden, die die Betroffenen ungewollt verletzen. Oft meinen wir es gut, doch „gut gemeint“ ist nicht immer „gut gemacht“.
In unserem Trauer-Bullshit-Bingo haben wir einige typische Sätze gesammelt, die Sterneneltern leider immer wieder hören müssen. Wir möchten euch zeigen, wie diese Äußerungen bei den Eltern ankommen. Denkt immer daran: Für euch ist es nur ein unangenehmer Moment, aber die Eltern müssen mit diesem Schmerz leben.
Tipp: In unserem Beitrag „Sterneneltern unterstützen“ gibt es ein paar Anregungen, wie man mit der Situation und insbesondere mit den Eltern umgehen kann.
„Es ist besser so.“ „Ihm/Ihr ist viel erspart geblieben.“
Diese Sätze können als tröstlich gemeint sein, aber sie können für die betroffenen Eltern verletzend wirken. Solche Phrasen minimieren den Verlust und die Trauer, die sie empfinden, und lassen sie möglicherweise alleine mit ihrem Schmerz zurück. Es ist wichtig, sensibel mit den Gefühlen der Trauernden umzugehen und ihnen den Raum zu geben, ihre Emotionen auszudrücken, ohne dass ihre Erfahrungen abgewertet werden.
„Wer weiß wofür es gut war.“
Obwohl dieser Satz oft als Versuch des Trostes formuliert wird, kann er für betroffene Eltern sehr schmerzhaft sein. Er vermittelt den Eindruck, dass ihr Verlust einen positiven Sinn haben könnte, was die Trauer und den Schmerz, den sie empfinden, nicht anerkennt. Stattdessen ist es wichtig, den Eltern zu signalisieren, dass ihr Schmerz gesehen und ernst genommen wird, ohne zu versuchen, ihn mit Phrasen zu relativieren.
„Er/Sie/Es war bestimmt krank.“
Eine Mutmaßung, mit der man sich zu weit aus dem Fenster lehnt. Diese Aussage kann als Versuch gedeutet werden, den Verlust zu erklären oder zu rechtfertigen, doch sie kann für betroffene Eltern sehr verletzend sein. Sie impliziert, dass der Tod des Kindes eine logische Konsequenz war und minimiert den individuellen Schmerz der Eltern. Stattdessen wäre es hilfreicher, Mitgefühl und Verständnis für ihre Trauer zu zeigen, ohne Urteile oder Annahmen über den Zustand des Kindes zu äußern.
„Was habt Ihr denn falsch gemacht?“ „Hast du dir mal überlegt, warum dein Kind nicht bei dir bleiben wollte?“ „Du hattest ja auch ganz schön viel Stress in der Schwangerschaft.“
Touché! Diese Fragen und Kommentare können für betroffene Eltern äußerst schmerzhaft sein, da sie Schuldgefühle und Selbstzweifel hervorrufen. Sie suggerieren, dass die Eltern für den Verlust verantwortlich sind, was ihre Trauer zusätzlich belasten kann. Es ist wichtig, in solchen Momenten Empathie und Unterstützung zu zeigen, anstatt die Eltern mit Fragen oder Annahmen über Schuld oder Versagen zu konfrontieren. Stattdessen könnte man einfach Anteilnahme ausdrücken und den Eltern den Raum geben, über ihren Verlust zu sprechen, wenn sie dazu bereit sind.
„Er/Sie/Es war ja noch ganz klein.“ „Zumindest warst du noch nicht so weit.“ „Lieber jetzt als später.“ „Besser jetzt als in ein paar Wochen.“
Diese respektlosen Aussagen, obwohl sie oft mit der Absicht geäußert werden, Trost zu spenden, können für betroffene Eltern sehr verletzend sein. Sie minimieren den Verlust und vermitteln den Eindruck, dass der Schmerz weniger schwerwiegend ist, weil das Kind „noch klein“ oder „noch nicht so weit“ war. Solche Phrasen können die Trauer der Eltern nicht nur abwerten, sondern auch das Gefühl verstärken, dass ihr Schmerz nicht ernst genommen wird. Stattdessen wäre es hilfreicher, einfach Mitgefühl auszudrücken und den Eltern zuzuhören, um ihnen den Raum für ihre Trauer zu geben.
„Das war ja noch kein richtiges Kind.“ „Er/Sie/Es hat ja noch gar nicht richtig gelebt.“
Schon rein medizinisch wird ein Leben anhand des Herzschlags festgestellt, der bereits am 22. Tag einsetzt. Diese aussagen sind also nicht nur falsch, sondern ignorieren den tiefen Verlust und die Trauer, die Eltern empfinden, unabhängig vom Entwicklungsstand oder der Lebensdauer des Kindes. Solche Kommentare können das Gefühl hervorrufen, dass ihr Schmerz nicht legitim ist. Stattdessen wäre es viel hilfreicher, einfach Mitgefühl zu zeigen und den Eltern zu ermöglichen, über ihren Verlust zu sprechen, ohne den Wert ihres Kindes in Frage zu stellen. Emotional und medizinisch sind Eltern bereits mit dem positiven Schwangerschaftstest Eltern! Der Körper der Mutter verändert sich, vielleicht sind schon die ersten Kindsbewegungen zu spüren. Hört das Herz auf zu schlagen, tritt der Tod ein und das Leben wird beendet. Hier zu behaupten, dass Kind habe nicht gelebt, ist einfach nur falsch.
„Ich weiß genau wie du dich fühlst.“
Sie impliziert, dass die Person die individuelle Trauer und den Schmerz des anderen vollständig nachvollziehen kann, was selten der Fall ist. Jeder Verlust ist einzigartig, und es ist schwierig, die Erfahrungen eines anderen wirklich zu verstehen. Stattdessen könnte man sagen: „Es tut mir leid, dass du das durchmachen musst. Ich bin hier, wenn du reden möchtest.“ Diese Formulierung zeigt Mitgefühl, ohne zu behaupten, man könne den Schmerz des anderen genau nachvollziehen. Dies gilt, selbst wenn Ihr schon einen Verlust erlebt habt oder auch Sterneneltern seid. Jede Trauer ist individuell und nicht vergleichbar.
„Er/Sie/Es passt jetzt als Engel auf dich auf.“ „Er/Sie/Es ist immer in deinem Herzen.“ „Gott hat ihn/sie/es zu sich genommen.“
olche Phrasen können auch den Eindruck vermitteln, dass der Verlust eine Art von „Lösung“ oder „Belohnung“ ist, was die Trauer weiter komplizieren kann. Stattdessen wäre es hilfreicher, einfach Mitgefühl auszudrücken und den Eltern Raum für ihre Emotionen zu geben, ohne den Verlust in eine tröstliche oder religiöse Perspektive zu drängen.
Prinzipiell sicher ein guter Versuch, ganz stark abhängig vom Glauben der Eltern.
„Er/Sie/Es ist jetzt an einem besseren Ort.“
Diese Formulierung ignoriert den tiefen Schmerz und die Trauer, die die Eltern empfinden. Stattdessen wäre es hilfreicher, einfach Mitgefühl zu zeigen und den Eltern die Möglichkeit zu geben, über ihren Verlust zu sprechen, ohne den Fokus auf eine hypothetische oder spirituelle Dimension zu lenken. Ist nicht der beste Ort für ein Kind bei seinen Eltern?
„Das passiert so Vielen.“
Das ist eine wahre Aussage. Rund ein Drittel der Schwangerschaften enden nicht mit der Geburt eines lebenden Kindes. Aber was nutzt es den betroffenen Eltern? Auch wenn Sterneneltern nicht mehr am Rande der Gesellschaft wahrgenommen werden, sondern das Thema Sternenkinder immer präsenter wird, zielt die Aussage in die falsche Richtung. „…stellt euch nicht so an“ das haben schon viele überlebt.
„Ich kenne welche, da ist es so und so passiert. DAS war richtig schlimm.“
Der Wettbewerb ist eröffnet? Diese Aussage kann ungewollt als Vergleich dienen und den Schmerz der betroffenen Eltern relativieren. Anstatt Mitgefühl zu zeigen, könnte sie das Gefühl vermitteln, dass der Verlust des eigenen Kindes nicht so schlimm ist wie der Verlust eines anderen. Solche Vergleiche können für trauernde Eltern verletzend sein.
„Ihr seid ja noch jung. Ihr könnt ja noch andere Kinder bekommen.“
Das suggeriert, dass das verstorbene Kind ersetzbar ist. Nein ist es nicht. Genauso wie kein anderer Mensch ersetzbar ist. Diese Phrasen minimieren den Verlust und die Trauer die Eltern fühlen dürfen. Sie vermittelt den Eindruck, dass das verstorbene Kind weniger wichtig ist, weil die Möglichkeit besteht, andere Kinder zu bekommen. Dazu kommt, dass Ihr nicht wisst, wie lange das Paar schon versucht hat schwanger zu werden – das ist nämlich nicht immer so leicht, wie es klingt. Nicht alle Eltern können oder wollen erneut schwanger werden.
„Jetzt weißt du wenigstens, dass du schwanger werden kannst.“
Nächster Versuch bitte? Wir sind hier nicht in der Industrie wo aus der Vorserie ein Serientyp wird. Sie suggeriert, dass der Verlust einen positiven Aspekt hat, was die tatsächlichen Emotionen der Eltern nicht anerkennt. Zudem weiß man nicht, wie lange die Eltern versucht haben schwanger zu werden. „Schwanger werden“ und „schwanger bleiben“ sind nicht das Gleiche.
„Du hast doch noch andere Kinder.“
Ja und? Geschwisterkinder sind kein Ersatz! Wenn bereits Geschwisterkinder vorhanden sind, stehen die Eltern oft unter zusätzlichem Druck, ihre Trauer nicht offen auszuleben. Sie fühlen sich möglicherweise verpflichtet, stark zu sein und für die Geschwisterkinder da zu sein, was es ihnen erschwert, ihren eigenen Schmerz zu verarbeiten. Dieser innere Konflikt kann zu einem Gefühl der Isolation führen, da sie sowohl die Bedürfnisse ihrer lebenden Kinder als auch ihre eigene Trauer in Einklang bringen müssen.
„Kopf hoch! Das wird schon wieder.“
Was soll denn schon wieder werden? Das Kind kommt nicht zurück. Die Lücke ist nun Teil des Lebens. Wie eine Wunde die vernarbt, aber immer sichtbar ist und an den Verlust erinnert. Aufmunterung ist nicht immer der richtige Weg. Stattdessen ist es hilfreicher, Mitgefühl zu zeigen und den Eltern den Raum zu geben, ihre Emotionen auszudrücken, ohne Erwartungen an ihre Trauer zu knüpfen.
„Die Zeit heilt alle Wunden.“
Dieser Satz suggeriert, dass der Schmerz irgendwann verschwinden wird. Dies berücksichtigt den individuellen und langanhaltenden Prozess der Trauer nicht. Jede Trauer ist einzigartig und kann von Person zu Person unterschiedlich erlebt werden. Er gibt vor, dass man nur warten muss, bis es wieder gut ist. Leider stimmt das nicht. Der Trauerweg ist ein aktiver Prozess. Vielleicht noch am ehesten vergleichbar mit der Rehabilitation nach einer schweren Krankheit oder einem Unfall. Und ganauso werden immer Narben zurückbleiben, die eben nicht heilen!
„Du musst loslassen.“
Jeder Mensch trauert auf seine eigene Weise, und das Gefühl des „Loslassens“ kann für viele ein langfristiger Prozess sein. Ein „muss“ ist im Zusammenhang mit Trauer nie hilfreich! Loslassen bedeutet vergessen. Sollen sie all das vergessen – also auch die schönen Momente? Verdrängung ist auch keine Lösung. Eine Verdrängung dieses Verlustes kann ernsthaft krank machen. Die Trauer anzunehmen und die Eltern dahingehend zu bestärken ist bestimmt der bessere Weg.
„Du musst nach vorne sehen/weiter machen.“
Auch hier gilt: Ein „muss“ ist im Zusammenhang mit Trauer nie hilfreich! esonders für frisch gebackene Sterneneltern gibt es in diesem Moment oft keine Zukunft, sondern nur die Vergangenheit oder das Hier und Jetzt. In eine Zukunft ohne ihr geliebtes Kind zu blicken, ist unvorstellbar und schwer zu ertragen. Der Schmerz des Verlustes ist überwältigend, und die Vorstellung, ohne das Kind weiterzuleben, kann lähmend sein. In solchen Zeiten ist es wichtig, Mitgefühl zu zeigen und den Eltern den Raum zu geben, ihren Schmerz zu fühlen.
„Du musst wieder der/die Alte werden.“ „Du hast dich so stark verändert, ich erkenne dich gar nicht wieder.“
Mit solchen Aussagen drückt ihr oft nur aus, wie unwohl ihr selbst mit dem Thema Tod und Trauer umgeht. Den Tod des eigenen Kindes zu erleben oder als Frau ein tot geborenes Kind zur Welt zu bringen, ist ein lebensveränderndes und traumatisches Ereignis, das tiefgreifende Spuren hinterlässt. Es ist wichtig zu erkennen, dass die betroffenen Eltern möglicherweise einen Weg gefunden haben, mit ihrem Schmerz umzugehen, während ihr selbst Schwierigkeiten habt, diesen emotionalen Raum zuzulassen. Man wird nie wieder der/ die Alte, da der Verlust eines Kindes ein prägendes Erlebnis ist, was verändert.
„Du bist so stark.“
Obwohl diese Aussage oft gut gemeint ist, erzeugt sie einen enormen Druck auf die Eltern, die sich in Wirklichkeit alles andere als stark fühlen. Stattdessen kann sie dazu führen, dass sie ihre Trauer vor euch verbergen, um den Anschein von Stärke zu wahren, während sie innerlich zerbrechen. Es ist wichtig, den Eltern zu erlauben, ihre Emotionen auszudrücken, ohne das Gefühl zu haben, sie müssten stark sein oder sich zusammenreißen.
„Also ICH könnte das nicht.“
Doch, das könntet ihr. Sterneneltern sind nicht stärker oder besser als andere Menschen; sie haben einfach keine andere Wahl, als mit ihrem Verlust zu leben. Die traurige Wahrheit ist, dass es jeden von uns treffen kann, und jeder wird gezwungenermaßen einen Weg finden müssen, mit dieser Realität umzugehen.
„Du bleibst in deiner Trauer stecken.“
Das ist ein weit verbreiteter Mythos. In der Medizin der Begriff der „pathologischen Trauer“ oder „anhaltenden Trauerstörung“, aber weder seid ihr Ärzte oder Therapeuten noch wisst ihr, wie der individuelle Trauerweg eures gegenüber ist. Trauer folgt keinen festen Regeln oder Zeitlimits, insbesondere nicht bei einem Verlust, der so außerhalb der Norm liegt. Jeder Mensch hat das Recht, in seinem eigenen Tempo zu trauern, ohne sich von außen unter Druck setzen zu lassen. Es ist wichtig, Mitgefühl zu zeigen und die individuellen Trauerprozesse zu respektieren.
Nach erneuter Schwangerschaft: „Du hast doch jetzt ein (lebendes) Kind, also… hör auf zu trauern/…hör auf vom Tod zu reden/…ist doch jetzt alles gut.“
Das suggeriert, dass das verstorbene Kind ersetzbar ist. Nein ist es nicht. Genauso wie kein anderer Mensch ersetzbar ist. Diese Phrasen minimieren den Verlust und die Trauer die Eltern fühlen dürfen. Sie vermittelt den Eindruck, dass das verstorbene Kind weniger wichtig ist. Es ist doch kein Ersatz möglich! Das Sternenkind ist und bleibt Teil der Familie und es gehört auch zur Biographie des neuen Geschwisterchens.
„Jetzt muss aber auch mal wieder gut sein.“ „Trauerst du etwa immer noch?“
Wenn ihr bis hierhin gelesen habt, habt ihr verstanden, dass nach dem Tod des eigenen Kindes nichts mehr so ist wie zuvor – und schon gar nicht „gut“. Die Trauer bleibt. Ja, sie verändert sich, und die Eltern lernen zwangsläufig, damit zu leben. Aber wann und wie dieser Prozess geschieht, sollte nicht von euch bewertet werden. Jeder Trauerweg ist individuell und verdient Respekt und Mitgefühl, ohne dass externe Erwartungen oder Urteile darüber gelegt werden.
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